idw | Schnelle Vor-Ort-Testung bei zeitkritischen Pandemiegeschehen: Mobile Einheiten und Sicherheitslabore
18. Juni 2020 | Der bemerkenswerte Technologievorsprung des Fraunhofer-Instituts für Biomedizinische Technik IBMT im Bereich mobiler epidemiologischer Labore sowie seine langjährige Expertise im Aufbau von biologischen Sicherheitslaboren und im Umgang mit biotechnologischen Proben trägt gerade in Zeiten der Corona-Pandemie zum Kampf gegen das SARS-CoV-2-Virus bei. Das vom Fraunhofer IBMT in Zusammenarbeit mit dem Fahrzeughersteller Bischoff & Scheck im Projekt »Labor der Zukunft« konzipierte und erbaute mobile epidemiologische Labor (epiLab) kommt am 18. Juni 2020 vor Ort in Rheinmünster zur SARS-CoV-2-Antikörpertestung der Mitarbeiter von Bischoff & Scheck zum Einsatz.
Die Corona-Pandemiesituation stellt aktuell und auch zukünftig Arbeitgeber vor größte Herausforderungen. Sie tragen die unternehmerische und auch menschliche Verantwortung sowohl für die Gesundheit, als auch für die Arbeitsplätze ihrer Mitarbeitenden. Gleichzeitig müssen sie den langfristigen Fortbestand ihrer Unternehmen mit der dafür essenziellen Produktivität sichern. Die Möglichkeit, sehr frühzeitig eine unbemerkte Ausbreitung der SARS-CoV-2-Infektion im eigenen Unternehmen festzustellen und zu verhindern, ist somit von größter Bedeutung.
Mit dem hochspezialisierten Fraunhofer epiLab brachte das Fraunhofer IBMT bereits in mehreren Einsätzen seine langjährige biotechnologische Erfahrung für den aktuellen Einsatz gegen das SARS-CoV-2-Virus ein. Im Anschluss an die im April und Mai 2020 im Poolingverfahren durchgeführten PCR-Testungen auf SARS-CoV-2-Infektionen in saarländischen Senioren- und Pflegeeinrichtungen, können sich alle Mitarbeitenden des Fraunhofer IBMT Ende Mai 2020 und Anfang Juni 2020 auf freiwilliger Basis direkt im mobilen Labor an der Arbeitsstätte auf SARS-CoV-2-Antikörper testen lassen.
Die Bischoff & Scheck AG, Rheinmünster, bietet nun auch seinen Mitarbeitern am 18. Juni 2020 einen freiwilligen Test auf SARS-CoV-2-Antikörper an. In Kooperation mit einem niedergelassenen Arzt konnten die Tests im mobilen epidemiologischen Labor (epiLab) sozusagen direkt im Unternehmen, natürlich unter Berücksichtigung der geltenden Hygienevorschriften zielgerichtet und hocheffizient durchgeführt werden.
Die Testpersonen betreten nach Handdesinfektion mit einem Mund-/Nasenschutz das mobile epiLab. Dort strecken sie nur ihre Hand durch ein Schleusensystem in den Laborteil, wo vom medizinischen Fachpersonal ein Blutstropfen aus dem Finger entnommen und auf die Testkassette des Antikörper-Testkits gegeben wird. Die Testpersonen verlassen das epiLab anschließend durch den hinteren Ausgang des mobilen Labors, so dass ein »Einbahnstraßensystem« gewährleistet ist.
Innerhalb von nur 20 Minuten detektiert der Test die Immunglobuline IgM und IgG, die sich bei einer Infektion mit dem Coronavirus im Blut der Betroffenen befinden. Somit kann eine akute oder frühere Infektion mit SARS-CoV-2 nachgewiesen werden und direkte Maßnahmen wie zum Beispiel eine PCR-Testung und weitere serologische Tests eingeleitet werden. Durch den Zeit- und Informationsgewinn können somit u. U. externe Eingriffe auf Unternehmen und Institution abgefedert bzw. gemildert werden.
Mobile Sicherheitslabore – Eine Spezialität der Fraunhofer-Wissenschaftler
Das mobile epiLab entstand ursprünglich im Projekt »Labor der Zukunft», gefördert durch die Saarländische Landesregierung. Die Erhaltung des epiLabs wird über die durch das Fraunhofer IBMT durchgeführten Probenahmen der »Umweltprobenbank des Bundes – Humanproben« des Umweltbundesamts kofinanziert. Es fährt seit nunmehr neun Jahren und sammelt bundesweit humanes Probenmaterial für das Umweltbundesamt. Den professionellen Umgang mit hochinfektiösem Probenmaterial erwarben die Mitarbeiter des IBMT in der Vergangenheit in einem internationalen Projekt zur Virusimpfstoffentwicklung »Global HIV Vaccine Research Cryorepository (GHRC)«, das durch die Bill & Melinda Gates Foundation im Rahmen der »Collaboration of AIDS Vaccine Discovery (CAVD)« gefördert wurde und große internationale Aufmerksamkeit mit sich brachte.
Das Fraunhofer epiLab besitzt getrennte Areale für den Testpersonenverkehr (20 m2) mit ein-direktionaler Wegeführung, einen vollausgestatteten Probeentnahme- und Testlaborbereich (16 m2) unter der biologischen Sicherheitsstufe S2 nach BioStoffV mit Personalschleuse und separatem Kryolager für die direkte Aufarbeitung der Testproben, der Durchführung, hier der SARS-CoV-2-Antikörpertests und ggf. der Kryokonservierung und Archivierung der gesammelten Proben. Dadurch sind Testprobanden und medizinisches Personal bei der Probenentnahme und wissenschaftliches Personal durch Schleusen vollkommen voneinander getrennt, sodass das Risiko einer Ansteckung bei der Probenahme auf ein Minimum reduziert wird. Neben der Gewährleistung der sicheren Probenentnahme ist das epiLab weiterhin für die Erstellung von Testpools und der Durchführung der Antikörper-Tests vor Ort funktionell komplett ausgestattet.
Nach erfolgreichem Abschluss können die etablierten Protokolle leicht auf eine deutschlandweite oder weltweite Hochdurchsatztestung übertragen werden. Gerade der Einsatz und die Validierung des epiLabs für die Durchführung von Pooltestungen und Schnelltests erlaubt auch eine breitangelegte Testung in Ländern oder Regionen, die keine entsprechende Laborinfrastruktur besitzen.
Hintergrund-Informationen zur Fraunhofer IBMT-Expertise
Neben der Expertise in der Entwicklung von mobilen Laboreinheiten zum Einsatz in Bereichen des Biomonitorings und der Sammlung von primärem humanen Probenmaterial – auch infektiösen Patientenproben – verfügt das Fraunhofer IBMT über hochqualifiziertes Personal, um Proof-of-Concept-Studien in kürzester Zeit durchzuführen. In der Hauptabteilung »Medizinische Biotechnologie« unter der Leitung des Virologen Prof. Dr. Hagen von Briesen ist die Arbeitsgruppe »Zelluläre Bioprozesse« angesiedelt. Dort werden seit Jahren zukunftsweisende Plattformen zum Sammeln, Präparieren, Konservieren und zur Verteilung von Bioreagenzien und klinischen Proben für weltweite Netzwerke entwickelt. Hierzu zählen optimierte Prozesse der Probenherstellung und -aufarbeitung und deren Kryokonservierung. In diesem Zusammenhang wurde am Fraunhofer IBMT im Rahmen der globalen Initiative zur Entwicklung eines HIV-Impfstoffes (Collaboration for AIDS Vaccine Discovery – CAVD) eine globale HIV-Kryobank der Sicherheitsstufe S3 aufgebaut, die von der Bill & Melinda Gates Foundation und der saarländischen Landesregierung finanziell getragen wird. Die Laborbereiche und die angeschlossene Kryobank für Bioreagenzien unterstehen einem zertifizierten Qualitätssicherungsprogramm, welches das Arbeiten nach den Richtlinien der »Good Clinical Laboratory Practice« (GCLP) und der DIN EN ISO 9001:2015 kontrolliert. So erfolgt hier beispielsweise die Produktion von HIV-1-Pseudoviren oder infektiösen HIV-1-Klonen oder die Durchführung von zellbasierten Tests, wie Neutralisations- und Immunassays. Ebenso werden hier zellbasierte Assays entwickelt, optimiert und validiert. Damit bietet die Hauptabteilung »Medizinische Biotechnologie« eine Plattform für die weitere Entwicklung und klinische Testung von neuen Diagnostika, Impfstoffen und neuen Therapien. Des Weiteren ist in der Hauptabteilung die »Umweltprobenbank des Bundes – Humanproben« in der Arbeitsgruppe »Biomonitoring & Biobanken« angesiedelt. Dort kommt schon seit Jahren das mobile Labor des Fraunhofer IBMT zum regelmäßigem deutschlandweiten Sammeln von humanem Primärmaterial zum Einsatz. Die Labore dieser Arbeitsgruppe sind ebenfalls nach DIN EN ISO 9001:2015 zertifiziert und zusätzlich ist das epiLab nach DIN EN ISO/IEC 17025 für Prüfungen im Bereich »Gesundheitsversorgung – Medizinische Laboratoriumsuntersuchungen im Rahmen von klinischen Studien« akkreditiert.
Quelle: www.nachrichten.idw-online.de
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